Irische Tänze
Um ehrlich zu sein: Ich wusste nicht genau, worauf ich mich einlasse. Auf unserem tollen Zettel stand etwas von “Céilí and Irish Stew Buffet”. Natürlich habe ich mich nicht informiert, was Céilí bedeutet.
Nun, zunächst gab es Irish Stew, ein irisches “Nationalgericht”, wo dankbarerweise viele Kartoffeln enthalten waren1 und Vollkornbrot dazu gereicht wurde. Ja, mit diesem Gericht kann ich mich anfreunden.
Später begann dann der interessante Teil: besagtes Céilí, der Sammelbegriff für eine Reihe von traditionellen Gesellschaftstänzen. Jeder Tanz wurde von Freiwilligen demonstriert (mal sollten es Deutsche sein, dann mal Franzosen, so kam jede Nationalität mal dran) und anschließend von (schätzungsweise) 200 Studenten nachgetanzt. Dazu spielte eine Band bestehend aus Akkordeon, Fiddle (Fidel bzw. Violine) und Schlagzeug irische Weisen. Von der Art her keine klassischen Paartänze, sondern oft mit Gruppenfiguren. Beispielsweise “The Waves of Tory”,2 wo sich zwei Reihen gegenüberstehen (Männlein und Weiblein) und die jeweiligen Paare abwechselnd ein Tor bilden oder durch das Tor gehen. Die Gesamtbewegung sieht dann aus wie eine Welle – ein netter Anblick (und auch nett mitzumachen).
Insgesamt ging die Tanzerei über zwei Stunden und die Schweißperlen waren allen anzusehen. Vielleicht mache ich ja doch einen Tanzkurs. Das Interesse daran wurde bei mir heute jedenfalls wieder geweckt.
Kanadische Köstlichkeiten
Als es letztes Wochenende hier im Wohnheim hieß, es würde ein kanadisches Frühstück geben, musste man natürlich nicht lange auf mich einreden. Also gleich morgens frische Bananen und Heidelbeeren gekauft und ran an die Eierkuchen. Die Spezialität ist, das Obst in kleinen Stückchen direkt mit in den Teig zu geben. Von letzterem hatten wir auch genug, denn es hatten sich ca. zwölf Leute angekündigt. Wie man auf dem Bild sehen kann, wurde daher mit drei Pfannen im Akkord gebraten, wobei die Dicke schon sehr nahe an die der allseits beliebten Zorn’schen Pfannenprodukte heran reichten. Die obligatorische Sauerei war natürlich auch mehr als genug vorhanden.
Nicht zu sehen, aber trotzdem mit von der Partie waren reichlich Ahornsirup und 36 Würstchen, von denen ich nicht genau weiß, warum die überhaupt so heißen. Ich meine, selbst dieser Würstchen-Verschnitt aus Nürnberg ist besser als das. Offenbar kennt es hier aber niemand besser. Genau so wenig wie Brot, aber ein Besuch im polnischen Supermarkt, von dem ich vage gehört habe, dass es da ordentliches “dunkles” Brot gäbe, ist fest eingeplant.
Slow, slow, quick, quick
Einen Tanzkurs für irische Tänze gibt es bei “Queen’s Sports” nicht im Angebot, dafür aber “Jive & Swing”. Dieser läuft für zehn Wochen und wir werden am Ende hoffentlich alle zu Musik der 30er- bis 50er-Jahre einen Jive, Swing oder beides aufs Parkett legen können. Angelegt ist das als Anfängerkurs, also ohne jegliche Voraussetzung. Spaß macht es sehr, und wie bei solcherlei Kursen üblich, ist die Damenquote eine völlig andere als in meinem Studiengang.
Bananenbrot und Kürbisse
Jedes Wochenende findet in Belfast der “St George’s Market” statt. Das wollten wir uns natürlich auch nicht entgehen lassen und sind deswegen zum heutigen “Saturday City Food and Garden Market” gegangen.
Dort gibt es so ziemlich alles, was das Herz begehrt. Zunächst einmal eine reichhaltige Auswahl von Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch, dann eine erfreuliche Anzahl von Ständen, die schokoladige Köstlichkeiten feilbieten (Kekse! Bitterschokolade!). Auch ein obligatorischer Teestand wurde direkt aufgesucht, Verkostung natürlich inklusive.
Außerdem waren wir auf der Suche nach Brot. Von den drei Bäckereiständen gab es aber nur einen, der etwas anzubieten hatte, was zumindest Brot ähnlich aussieht. Stattdessen gab es größere Mengen von Laiben aus Apfel-Zimt-alles-was-rumlag-Mischung, die ich nach dem Probierstückchen auch mied. Mir völlig unbekannt war auch sogenanntes “Bananenbrot”, was ich aber eher als Kuchen in Brotform bezeichnen würde.
Da morgen ja Halloween ist und das hier offenbar gefeiert wird, dürfen natürlich auch die Kürbisse nicht fehlen. Auch dies ist ein Feld, auf dem ich völlig unbewandert bin. Genau wie der Verkäufer; der wusste nämlich auch nicht, welche Sorten er überhaupt im Angebot hat. Ich wurde aber aufgeklärt, dass es sich wohl um Hokkaidokürbisse gehandelt haben muss. Nun, wieder etwas gelernt.
Im Markt gibt es natürlich noch wesentlich mehr. So gibt es auch mehrere Stände mit Gemälden und diesen alten Metallschildern mit verschiedenen Abbildungen der Titanic. Alles in allem ein sehr angenehmer Vormittag, auch wegen der Live-Musik, die inmitten des Trubels gespielt wurde.
There’s no such thing as a small part
Wer mich kennt, weiß, dass ich eher altersuntypisch auf klassische Musik stehe. Wie gut also, dass just im Oktober das 48. Belfast Festival stattfand, Irlands größtes Kunstfestspiel, und daher auch einige sehr gute Vorstellungen zu erwarten waren.
Zu zweit (Sylvester und ich) haben wir uns für ein Konzert des Ulster Orchestra entschieden. Mit 27,50 £ pro Ticket nicht gerade erschwinglich, aber Kultur hat eben seinen Preis. Auf dem Programm standen Richard Strauss’ Don Juan und Gustav Mahlers 5. Sinfonie, dirigiert vom polnischen Antoni Wit. Wir waren beim Kartenkauf recht früh dran; bei so einem Ereignis rechnet man schließlich mit einer großen Nachfrage.
Stellte sich heraus: Der Saal war nicht einmal ansatzweise gefüllt. Vielleicht 10 Prozent, höchstens. Die Konzertkritik im Belfast Telegraph macht die Wahl der Stücke dafür verantwortlich; aber man will ja nicht immer nur den “Mainstream” hören, zumal auch dieses Jahr Mahlers 150. Geburtstag gefeiert wird.
Das Konzert war trotzdem ein wirklicher Genuss. Vorher hatte ich nur schon “Don Juan” gekannt und ließ mich deshalb von der Sinfonie überraschen. Das ist auch gelungen, denn letztere kann mit minütlich wechselnden Motiven und Themen aufwarten. Bonuspunkte gab es für die männliche Besetzung einer Harfe, was in etwa so häufig ist wie Tubistinnen. Alles in allem ein gelungener Abend und auch ein gut investierter Eintrittspreis.
Ein kleiner Kritikpunkt bleibt aber: Der Souvenierladen in der Waterfront Hall hatte keine ordentlichen Postkarten.
Irish Reggae
In Belfast gibt es ja, aufgrund der unmittelbaren Lage auf (bzw. in) Irland, eine ganze Menge Irish Pubs. Aktueller Favorit hier im Wohnheim ist das Maddens im Stadtzentrum, mit allabendlicher Live-Musik. Dort haben wir auch von jemandem einen Tipp zu einem Irish-Reggae-Konzert am Freitag in West-Belfast bekommen.
Na, da bin ich doch dabei. Reggae ist zwar jetzt nicht so meine Musikrichtung, aber ich war zumindest neugierig, was sich hinter dieser Kombination verbirgt. Losgehen sollte es um 21 Uhr, da aber hier niemand auch nur ansatzweise pünktlich ist, riefen wir auch erst um 21 Uhr ein Taxi, denn bis auf eine Adresse hatten wir keine Ahnung, wo wir hin wollten. Eines der beiden Taxis hatte auch den Weg gar nicht erst gefunden und ließ dann die Mitfahrer einfach irgendwo heraus. Ich hingegen hatte immer geglaubt, die Kernkompetenz von Taxifahrern sei, jede Straße in der Umgebung zu kennen.
Angekommen an unserem Ziel, waren wir goldrichtig, was die Zeit betraf. Von einem Beginn des Konzerts war nämlich noch nichts zu sehen bzw. zu hören, allerdings war es schon gut gefüllt. Kurz darauf traten zwei junge Damen auf die Bühne, um einige Ansagen zu machen. In irischer Sprache. Verstanden hat von uns keiner etwas, das sollte auch den ganzen Abend so bleiben. Die ausliegenden Heftchen waren glücklicherweise zweisprachig. Gelandet waren wir nämlich im Vereinshaus von “Glór na Móna”, einem Verein zur Förderung der irischen Sprache und Gemeinschaft. Letzte Woche fand u. A. dort das “Irish Language with Pride Festival” statt.
Die Musik war gut, die Kombination bestand aus Reggaemusik mit irischen Texten, gespielt von der Band “Bréag”. Gegründet 1993, um Geld für Schulen der irischen Sprache zu sammeln, sind sie mittlerweile auch über Irlands Grenzen hinweg bekannt. Leadsänger Caoimhín (gesprochen wie “Kiwin”, wenn ich mich recht entsinne) war auch derjenige, der uns im Maddens den Tipp gegeben hat. Bis auf ein Stück, welches einen englischen Refrain hatte, wussten wir zwar nicht, wovon sie reden, aber nichtsdestotrotz hat sich der Abend wirklich gelohnt.
Weihnachtsstimmung
Dem Gelächter vereinzelter Passanten nach zu urteilen, muss es wohl ein sehr lustiger Anblick gewesen sein, wie wir einen Weihnachtsbaum vom ca. 2,5 km entfernten Weihnachtsmarkt nur durch Muskelkraft zum Grant House transportiert haben. Die Anstrengung hat sich aber durchaus gelohnt, denn nach obligatorischer Dekoration (unter massivem Verzehr von Glühwein) sieht es im Gemeinschaftsraum nun richtig heimelig aus. Offenbar war ich auch der einzige, der sich nach dem Kauf gefragt hat, um welche Art es sich bei dem Baum wohl handelt. Nachfrage bei der Biologiestudentin ergab ein wenig befriedigendes “It’s a christmas tree”. Erstaunlicherweise hat es eine ganze Weile gedauert, bis die neue Raumdekoration jedem aufgefallen ist.
Meine Eltern haben sich dank meiner Schilderungen erbarmt und mir in einem Paket Backmischung für ordentliches Brot zukommen lassen. Eine passende Form hatte ich zwar nicht, weshalb das Resultat etwas flach geraten ist, trotzdem war schon am Tag nach dem Backen nichts mehr übrig. Wie gut, dass ich noch eine zweite Packung habe.
Bezüglich der Brotsituation in UK entwickelte sich auch kürzlich eine Diskussion, die ungefähr so ablief:
Person 1: Ich habe heute auf einem Markt ein lecker aussehendes “Wholegrain Brot” gefunden.
Person 2: In England? Okay, das ist wirklich eine Besonderheit.
Person 1: Ja. Ich war überrascht.
Person 2: Das hat bestimmt jemand da vergessen.
Quellennachweis
- Belfast Laganside, UK: CC BY-SA 2.0